Herausragende Fruchtbarkeit

368 Tage Zwischenkalbezeit, 87 Tage Güstzeit und 1,5 Besamungen/Trächtigkeit: Die Hybridkühe von Familie Ensink machen einen guten Job.

Die Familie Ensink bewirtschaftet in der Grafschaft Bentheim in Niedersachsen einen Milchviehbetrieb mit 130 Hybrid-Kühen an zwei „roten“ Melkrobotern. Bei einer durchschnittlichen Zwischenkalbezeit von 368 Tagen erreicht ihre Herde eine Laktationsleistung von 10.264 kg bei einer Zellzahl von rund 100.000 pro ml Milch. Auch ein Blick in die Besamungsmappe macht Freude, denn bei einem Besamungsindex von 1,5 werden sehr viele Kühe mit nur einer Besamung tragend.

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Andre Ensink

Für die Hybrid-Zucht entschied sich Betriebsleiter Andre Ensink im Jahr 2007. Ausschlaggebend dafür war ein einschneidendes Erlebnis mit dem Zuchtberater der ansässigen Besamungsgenossenschaft. „Wir saßen in der Küche an seinem Anpaarungsprogramm. In der Ergebnisliste war sehr oft zu lesen ‚Anpaarung nicht möglich‘. Auf meine Nachfrage, was das denn zu bedeuten hat, klickte der Zuchtberater ein paar Mal in seinem Programm rum und erzählte dabei, dass er die tolerierte Inzuchtrate eben nur erhöhen müsste. Anschließend gab es zwar für jede Kuh eine Anpaarung, aber dass mir ein Zuchtberater – wie selbstverständlich – einfach eine höhere Inzucht für meine Herde vorschlug, hat mich doch sehr zum Nachdenken gebracht. Damals bekam ich die Möglichkeit, Norwegisches Rotvieh (NRF) zu bekommen, das ich nutzte, um leichtere Färsenabkalbungen zu bekommen. Die Lösung der Inzuchtproblematik hatte ich damals noch gar nicht auf dem Schirm.“
Als dritte Rasse stieß er dann auf das französische Montbéliarde. „Häufig denken Leute, dass ich Holstein-Fleckvieh-Kreuzungen im Stall stehen habe. Ich schlage dann immer innerlich die Hände über dem Kopf zusammen, denn zwischen Montbéliarde und Fleckvieh liegen Welten! Erst vor ein paar Monaten brachte ich vier Hybrid-Färsen zur Auktion. Selbst dort sprach der Auktionator von Fleckvieh-Kreuzungen. Dabei ist der Unterschied zwischen beiden Rassen enorm. Montbéliarde sind deutlich milchtypischer mit besseren Eutern und höherer Leistung.“

In Dänemark veröffentlichte Anders Fogh 2016 eine Auswertung über die Montbéliarde x Holstein-Hybride und Fleckvieh x HF-Kreuzungen im Vergleich zur dänischen Holsteinspopulation. Die Zahlen sprechen eindeutig für die Montbéliarde-Hybride:

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Zusammen mit seiner Frau Gerlinde reiste Andre im Februar 2020 mit Hybrid Genetics nach Kalifornien und Minnesota zu den Pionieren der Hybrid-Zucht.
„Den Erfolg meiner Herde sehe ich nach der USA-Tour erst recht ganz klar in der maximalen Nutzung des Heterosiseffekts! Mike Osmundson, ein Besamungstechniker, der bereits vor über 20 Jahren mit den Befruchtungsergebnissen der Kalifornischen Holstein-Friesian-Kühe unzufrieden war und deshalb das Hybrid-Zucht-Konzept mit Montbéliarde und Rotvieh entwickelte, erzählte uns, dass die Montbéliardes in Frankreich eine Non-Return-Rate von 60 % basierend auf der Erstbesamung haben, während die Holsteins nur bei 45 % liegen. Ich denke, dass unser guter Besamungserfolg auch daran liegt, dass wir diesen rassetypischen Vorteil der Montbéliardes für uns nutzen.“
Auf die Frage, was er denkt, warum nicht mehr Milchviehhalter in seiner Region die Vorteile der Hybrid-Zucht für sich nutzen, gibt Ensink zu bedenken, dass es nicht wirklich jemanden gibt, der von der Hybrid-Zucht profitiert. Er denkt, dass die Besamungsstationen mehr Interesse daran haben, eigene Genetik zu verkaufen, statt mit Zukaufsperma zu handeln. Außerdem werden seiner Meinung nach bei der Hybridzucht gerne alle Rassen in einen Topf geschmissen, um dann zu erzählen, dass Kreuzungskühe nicht funktionieren.
„Entscheidend ist, die richtigen Rassen einzusetzen“, schiebt Andre ein. „Wir haben selbst ein paar Tiere mit MRIJ – dem niederländischen Doppelnutzungs-Rotbunt – im Stall stehen, aber leistungstechnisch stehen die Tiere deutlich hinten an. Diese Tiere besamen wir nun nur noch mit Weißblauen Belgiern. Wir bleiben nun bei den Montbéliarde- und Rotviehvererbern von Hybrid Genetics“, gibt Andre schmunzelnd zu.

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Ein Blick auf den Futtertisch bei Familie Rensink

„An den Rotviehbullen von Hybrid Genetics gefällt mir vor allem, dass sich die Tiere unter den harten australischen Bedingungen bewahrheiten müssen! Das sollte sich in der Nutzungsdauer unserer Herde später mal bemerkbar machen…“
Apropos „Bemerkbarkeit“: Andre Ensink setzt nun bereits seit 2007 auf die Heterosisvorteile, aber: „Eigentlich muss ich sagen, dass wir den vollen Umfang der Hybrid-Zucht in unserer Herde erst nach zehn Jahren wirklich spürbar gemerkt haben. Unsere Kühe werden älter, wir besamen immer mehr mit Weißblauen Belgiern und bringen trotzdem noch Tiere auf die Auktion. Ich glaube, das haben wir 15 Jahre nicht mehr gemacht. Da wurde mir erst bewusst, dass viele Probleme im Bestand der Vergangenheit angehören.“
Eines der nächsten Ziele von Familie Ensink ist die Steigerung der Milchleistung um weitere 1.000 kg pro Kuh und Jahr ohne die Zwischenkalbezeit zu verändern.
Ein weiterer interessanter Punkt auf dem Betrieb ist die Trockensteherfütterung.

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„Unsere Trockensteher bekommen nur Stroh und dazu das passende Kraftfutter. Die Ration ist vielleicht nicht die billigste, aber dafür bekommt jede trockenstehende Kuh jeden Tag die gleiche Ration, egal, ob zwei Kühe trocken sind, oder 25… Das System funktioniert und zahlt sich aus. Arbeitstechnisch macht es ebenfalls einen riesigen Unterschied, ob wir noch zwei Trockensteher-Rationen pro Tag mischen müssten, oder einfach nur einen Quaderballen Stroh vor den Trog schieben brauchen.“